Gebührenvereinbarung des RA Scheffler nicht wirksam
Allgemein, IT-Recht Dezember 23rd, 2011Geschockt war sie, die Mandantin, als sie vor gut drei Monaten das erste Mal in unsere Kanzlei kam. Geschockt nicht über die Abmahnung, die sie erhalten hatte, sondern über die Rechnung des Kollegen, in den sie sich in ihrer Not gewandt hatte. Was ich über diese Kostennote und die dahinterstehende Gebührenvereinbarung, die sie geschlossen hatte denke, hatte ich bereits geschrieben.
Die Mandantin beauftragte uns im Folgenden nicht nur, sie hinsichtlich der Abmahnung der Kanzlei Lutz Schroeder zu vertreten, sondern auch die Forderungen des Kollegen Scheffler abzuwehren. Sie hatte eine Teilzahlung angeboten, was jedoch abgelehnt wurde. Der Kollege Scheffler hat die Forderung abgetreten, an die Anwaltliche Verrechnungsstelle und von der kam dann, wie erwartet, die entsprechende Klage.
In der Klageerwiderung haben wir dann all jene Argumente vorgebracht, die ich schon in meinem erwähnten Artikel benannt habe. Das AG Reinbek gab mir in seinem Urteil vom 21.12.2011 – Az. 5 C 523/11 – Recht.
In den Urteilsgründen wird ausgeführt:
Verstoß gegen die AGB
Das Gericht stellt zunächst fest, dass bei anwaltlichen Vergütungsvereinbarungen vermutet werden, dass es sich dabei um AGB im Sinne des § 310 III Nr. 1, 2 BGB handle. Demgemäß sei der Verwender verpflichet, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in den AGB möglichst klar und überschaubar darzustellen. Gegen dieses Transparenzgebot des § 307 II BGB, so das Gericht, verstoße die Gebührenvereinbarung und sei schon deshalb unwirksam.
Zwar hätte die Beklagte via Internetrecherche die Höhe der Vergütung herausfinden können, da ihr das Gebührensystem erklärt wurde. Da ein Gebührensatz von 1,3 auf einen Gegenstandswert von 50.000 EUR zuzüglich streitige Schadensersatzansprüche vereinbart wurde, hätte es nahegelegen, der Mandantin gleich in der Vereinbarung mitzuteilen, dass mindestens Kosten in Höhe von 1761,08 EUR entstehen, statt auf eine Internetrecherche zu verweisen. … Dies wird dem Transparenzgebot nicht gerecht.
Nichtigkeit wegen Missverhältnis zwischen den Leistungen
Eine weitere Schwäche habe die Gebührenvereinbarung dahingehend, so das Gericht, dass die vereinbarten Leistungen in einem offensichtlichen Missverhältnis zueinander stünden.
Grundsätzlich wird eine unangemessene Höhe dann angenommen, wenn zwischen der vereinbarten Vergütung und der Tätigkeit des Anwalts ein nicht zu überbrückender Zwiespalt besteht, so dass es schlechthin unerträglich ist, den Auftraggeber an seinem Honorarversprechen festzuhalten.
Natürlich kommt es auch hier immer auf die Details des Einzelfalles an. Das Gericht hatte am Beginn der Urteilsbegründung ausgeführt, dass hier gesetzliche Gebühren aus einem Streitwert von 10.750 EUR anfallen, mithin also 837,52 EUR. Abzustellen ist dabei immer auch auf die Schwierigkeit und den Umfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber und das Ziel das er mit dem Auftrag angestrebt hat sowie den Grad der Zielerreichung durch den Anwalt.
Hier steht eine gesetzliche Gebühr in Höhe von 837,52 EUR einer Gebühr von 1761,08 EUR gegenüber, das doppelte der gesetzlichen Gebühr. Die eigentliche Tätigkeit des Anwaltes bestand lediglich aus einem telefonischen Beratungsgespräch, sowie in der Ausarbeitung von einer einfachen modifizierten Unterlassungserklärung. Dies stellt eine durchschnittliche und nicht besonders schwierige oder anspruchsvolle Angelegenheit für einen Anwalt dar, so dass mithin auch nur eine durchschnittliche Vergütung angemessen erscheint. Zu berücksichtigen ist hier weiter, dass die Beklagte ohne anwaltliche Vertretung lediglich die Zahlung eines Vergleichsbetrags von 750,00 EUR gedroht hätte. Diese Zahlung wollte die Beklagte mit Hilfe des Anwaltes abwenden. Hierfür dann 1761,08 EUR zahlen zu müssen, steht in keinem Verhältnis zum Interesse der Beklagten.
Die für die Nichtigkeit notwendige verwerfliche Gesinnung greife, so das Gericht, bereits die Vermutung, dass diese schon vorliegt, wenn bei einer Vergütungsvereinbarung ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt.
Verwirkung nach § 242 BGB
Zudem führt das Gericht hier weiter aus, dass die Honoraransprüche des Rechtsanwaltes auch verwirkt sein könnten, wenn er sich gegenüber unserer Mandantin aus den §§ 404, 611 und 280 BGB schadensersatzpflichtig gemacht hat. Das ist der Fall, wenn sich aus den Umständen des Einzelfalls ergibt, dass der Rechtsanwalt nach Treu und Glauben auch ohne Nachfragen des Mandanten über die voraussichtliche Höhe der entstehenden Gebühren aufklären muss und dies unterlässt.
Dies ist insbesondere so, wenn die Höhe der vom Auftraggeber zu zahlenden Gebühren das von ihm verfolgte Ziel wirtschaftlich sinnlos macht. Eine solche wirtschaftliche Sinnlosigkeit liegt vor. Zwar mag der Anspruchsteller im weiteren Verlauf auf seine Schadensersatzansprüche von 750 EUR verzichten. Dann stehen dem erzielten Ergebnis aber immer noch Anwaltskosten in doppelter Höhe gegenüber. Im Vergleich mit den maßvollen Schadensersatzansprüchen der Anspruchstellerin ist die Beklagte mit der Unterzeichnung der Vergütungsvereinbarung „vom Regen in die Traufe“ gekommen. Der Rechtsanwalt hätte gemäß § 242 BGB die Pflicht gehabt, die Beklagte ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass seine Beauftragung wirtschaftlich sinnlos sei. Diese Pflicht hat er verletzt, der Inhalt der Gebührenvereinbarung und auch der Inhalt und die Form der allgemein gehaltenen, vorformulierten „Pflichtbelehrung“ ist hierfür nicht deutlich genug.
Fazit
Alles in allem ein für die Mandantin erfreuliches Urteil. Erfreulich, dass sich der Richter des AG Reinbek selbst Gedanken hinsichtlich der vorgebrachten Argumente gemacht hat und nicht einfach die Argumente der Gegenseite, die natürlich mit einer ganzen Ladung von Urteilen aufwartete, die ihr Recht gaben, übernahm.
Der Kollege Scheffler sollte also im Zweifel die Formulierung seiner Gebührenvereinbarung noch einmal überdenken.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig! Es bleibt abzuwarten, ob die Gegenseite Berufung einlegen wird.
Dezember 23rd, 2011 at 16:06
Reinbek oder Schwarzenbek, was denn nun?
Dezember 26th, 2011 at 11:39
@Anno Nüm: Es war das AG Reinbek. Ich habe das verbessert. Danke für den Hinweis.
Dezember 23rd, 2011 at 23:07
Es ist schlimm, wenn man beim Gang zum Anwalt vom Regen in die Traufe gerät.
Dezember 27th, 2011 at 21:47
Was ist eigentlich von dem Tip unter http://www.rechtsreporte.de/index.php?option=com_content&view=article&id=302:abmahnungen-tausendfach-unwirksam-holen-sie-sich-ihr-geld-zurueck&catid=18:urteile&Itemid=26 zu halten ? Die Möglichkeit der Anfechtung eines Vertrags fusst immerhin auf dem BGB. Und die Gebührenvereinbarung des Herrn S. mit 25.000 Euro Streitwert muss man ja nicht unterschreiben O:-)
Januar 1st, 2012 at 17:37
Diesen Tipp kann ich so pauschal nicht gut heißen. Der Rat lautet:
Er ist einfach zu undifferenziert. Es ist in meinen Augen auch nicht richtig im Zusammenhang mit dem dort zitierten Urteil des OLG von einer unwirksamen Abmahnung zu sprechen. Die Abmahnung an sich war im Zweifel nicht mal unwirksam, sondern nur die beigefügte Unterlassungserklärung zu weit gefasst. Das ist ein Unterschied.
März 6th, 2012 at 10:35
[…] Anwaltskollegen die Vorgehensweise dieser Kanzlei Negativschlagzeilen macht. Artikel wie “Gebührenvereinbarung des RA Scheffler nicht wirksam” und “Die Rechnungen von Rechtsanwalt Scheffler” beschreiben meines Erachtens […]
August 15th, 2012 at 22:36
ist wohl kein Einzelfall. Ich habe auch per Internet bei einer Abmahnung der Firma Reemtsma einen Anwalt die Angelegenheit anvertraut. Mein Anwalt hat mich über etwaige Kosten nicht informiert und nun mir eine Rechnung über 3700 € geschickt, das ist mehr als ich für die Abmahnung bezahlen muss, bin sprachlos und erwäge nicht zu zahlen.
August 16th, 2012 at 11:07
Hallo!
So grundsätzlich muss man da aber vorsichtig sein! Der BGH hat entschieden (BGH, Beschluss vom 20.11.2008, Az. IX ZR 34/06 § 49b Abs. 5 BRAO), dass ein Rechtsanwalt bis auf wenige Ausnahmen, nicht verpflichtet ist, den Mandanten über die entstehenden Kosten zu informieren. Alleine dass es eine erhebliche Summe werden wird, ist dafür nicht ausreichend. Es kommt wie immer auf den Einzelfall an.
In den von mir beschriebenen Fällen ist die Besonderheit, dass die Rechnung, die der Kollege gestellt hat, um ein Vielfaches höher war als die Summe, die der abmahnende Anwalt verlangt hatte und außerdem auch vorher am Telefon eine andere Summe genannt wurde.
Deshalb: Bitte nicht pauschalieren, es ist durchaus möglich, dass in Ihrem Fall die Forderung rechtmäßig ist!
Januar 4th, 2013 at 14:48
[…] etwas mehr als einem Jahr hatte ich hier über den Prozess meiner Mandantin gegen die Anwaltliche Verrechnungsstelle (AnwVS) berichtet. Die […]
Februar 7th, 2013 at 09:53
Wow…ich habe zur Zeit das selbe Problem mit Scheffler! Erst schickt er mir eine Rechnung von 249 Euro, hat aber vorher am Telefon erwähnt, dass keine Kosten auf mich zu kommen, da es (ich hab leider den Namen vergessen) anderweitig finanziert wird (ich muss dazu sagen, dass ich noch Schülerin bin und kein Einkommen habe, aber schon alleine wohne). In der Zeit hat er nur eine modifizierte Unterlassungerklärung verfasst und jetzt ein Angebot an den klagenden Anwalt geschickt. Plötzlich kam noch eine Rechnung von Anwalt S. mit einem Betrag von über 500 EUro. Da ich das Geld nicht aufbringen kann, musste ich mir jetzt ein Dispo einrichten lassen. Habe Bis auf 100 Euro von den 249 EUro noch nichts gezahlt, aber mit dem Hinweis an ihn, dass das Geld fehlt. Heute kam dann ein Brief per Mail, in dem er darauf hinweist Meldung zu geben, wie und wann ich den Rest zahle, ansonsten geht es ans Inkassobüro. Ich hatte ihm in der Vergangenheit mehrmals gesagt, dass ich Probleme habe es zu zahlen, hatte sogar vorgeschlagen meine Kontoauszüge zu übermitteln, falls er es nicht glaubt.
Ich bin verzweifelt.