Da ist sie, die Reisewarnung
Reiserecht Februar 4th, 2011Nach dem es in den Medien schon in den letzten Tagen immer wieder hieß, das Auswärtige Amt hätte eine Reisewarnung herausgegeben, war es dann gestern tatsächlich so weit.
Aufgrund der gewaltsamen Auseinandersetzungen in Ägypten wird vor Reisen nach Kairo, Alexandria und Suez gewarnt.
Von Reisen in die übrigen Landesteile einschließlich der Urlaubsgebiete am Roten Meer wird weiterhin dringend abgeraten.
Was heißt das nun aber für Sie? Es bedeutet, dass für Reisen nach Kairo, Alexandria und Suez nun kein Reiseveranstalter mehr mit Ihnen diskutieren wird, ob Sie Ihre Reise umbuchen oder kostenlos stornieren können.
Für alle anderen Reisegebiete gilt nach wie vor der § 561 j I BGB:
Wird die Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt, so können sowohl der Reiseveranstalter als auch der Reisende den Vertrag allein nach Maßgabe dieser Vorschrift kündigen.
Wie Sie erkennen können ist in dieser Vorschrift das Vorliegen einer Reisewarnung durch das Auswärtige Amt keine Voraussetzung. Voraussetzungen sind vielmehr, dass Ihre Reise erschwert, beeinträchtigt oder gefährdet wird und das ganze aufgrund höherer Gewalt passiert.
Höhere Gewalt
Was höhere Gewalt ist, ist im Gesetzestext nicht ausdrücklich definiert. Die höchstrichterliche Rechtsprechung versteht darunter
ein betriebsfremdes, von außen durch elementare Naturkräfte oder durch Handlungen dritter Personen herbeigeführtes Ereignis, das nach menschlicher Einsicht und Erfahrung unvorhersehbar ist, mit wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste, nach der Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet oder unschädlich gemacht werden kann und auch nicht wegen seiner Häufigkeit vom Betriebsunternehmen in Kauf zu nehmen ist
Unter anderem das Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 15.07.1990 – Az. 2/24 S 302/90 – ist der Ansicht, dass
innere Unruhen und instabile innenpolitische Verhältnisse
hierfür vollkommen ausreichend sind. Legen wir diese Rechtsprechung hier zugrunde, ist in Ägypten durchaus von höherer Gewalt auszugehen. Diese Rücktrittsvoraussetzung ist somit gegeben.
Erschwerung, Beeinträchtigung, Gefährdung
Die oben genannten Voraussetzungen müssen sich immer auf die ganz konkrete von Ihnen gebuchte Reise beziehen. Das heißt: Sind die Unruhen oder die instabilen Verhältnisse auf eine bestimmte Region beschränkt, stellt sich immer die Frage, ob in in allen anderen Gegenden des Urlaubslandes dann tatsächlich höhere Gewalt gegeben ist. Zum Thema Ägypten war immer wieder zu vernehmen, dass in einigen der etwas abgelegeneren Badeorte von den Unruhe nichts zu spüren war und die Urlauber in keiner Weise beeinträchtigt wurden.
Es kommt also auch hier immer auf den Einzelfall an. Wer also einen Urlaub im Niltal zwischen Abu Simbel und Assuan gebucht hat, wird sicher nicht darauf hoffen können, seine Reise kostenlos zu stornieren, weil dort schlicht (noch) keine höhere Gewalt gegeben und eine Gefährdung des Urlaubs nicht zu befürchten ist. Dort kommt dann die Kündigung vor Reiseantritt nach § 651 i BGB in Betracht.
Voraussehbarkeit
Letztlich darf der Grund für den Rücktritt nicht vorhersehbar gewesen sein. Im Falle der Unruhen in Ägypten wird man das so sagen können. Aber bitte Vorsicht bei Neubuchungen. Sie können nicht jetzt eine Reise nach Ägypten im Sommer buchen und sich dann im Sommer darauf berufen nicht fahren zu wollen, weil dort Unruhen herrschen!
Fazit
Wie so oft ist auch in diesen Fällen das richtige Vorgehen wieder eine Einzelfallbetrachtung. Es kommt schlicht auf zu viele Kleinigkeiten an: Wohin sollte die Reise gehen? Ist dieses Gebiet von den Unruhen betroffen? Wann wurde die Reise gebucht, etc. etc.
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