Auf eine interessante Entscheidung des AG Frankfurt am Main machte der Kollege Dury in seinem Blog aufmerksam. Dabei handelt es sich um ein Urteil vom 01.12.2011 zum Verfahren mit dem Aktenzeichen 30 C 1849/11-25. In diesem Urteil erklärte sich das AG Frankfurt für örtlich unzuständig.

In diesem Verfahren ging es um einen Freihaltungsanspruch eines Rechteinhabers von den ihm entstandenen Rechtsanwaltskosten im Rahmen einer urheberrechtlichen Abmahnung durch die Kanzlei Kornmeier & Partner aus Frankfurt am Main. Bei der Anrufung des AG Frankfurt hatten sich die Kollegen auf den Gerichtsstand des § 32 ZPO berufen.

Dem erteilte das Amtsgericht jedoch eine Abfuhr. Der Gerichtsstand ergebe sich insbesondere nicht aus dem Gedanken des „Fliegenden Gerichtsstandes“. Diese Entscheidung stützte das Gericht auf die folgenden Argumente:

Tatsächliche Auswirkung

Das Amtsgericht geht unter anderem davon aus, dass auch im Rahmen des fliegenden Gerichtsstandes das ausgewählte Gericht an einem Ort sein müsse, an dem sich die Verletzungshandlung im konkreten Verhältnis der Prozessparteien tatsächlich ausgewirkt hat. In Frage kommen hier dann das Gericht am Ort des Beklagten oder auch das Gericht am Ort des Klägers. Viele andere Möglichkeiten ergeben sich hieraus nicht. Mit dieser Ansicht schließt sich das Gericht dem OLG Celle an, welches in seinem Urteil vom 17.10.2010 – Az. 4 AR 81/02 – ebenso entschieden hatte.

Willkürverbot

Mit dem Landgericht Krefeld, Urteil vom 14.09.2007 – Az. 1 S 32/02 – geht das Amtsgericht weiter davon aus, dass die scheinbar absolute Freiheit des Klägers sich mit der Stützung auf den fliegenden Gerichtsstand jedes beliebige – und damit der eigenen Rechtsauffassung geneigte – Gericht aussuchen zu können, im Hinblick auf das Recht auf den gesetzlichen Richter und das Willkürverbot eingeschränkt werden müsse.

Privilegierung des Klägers

Zudem, so führten die Richter aus gäbe es kein geschütztes oder erforderliches Interesse des Klägers, sich für die Verfolgung der eigenen Interesses ein beliebiges Gericht in Deutschland aussuchen zu dürfen. Eine solche Privilegierung des Klägers ist von der ZPO nicht vorgesehen. Deutlich wird dies auch daran, dass es, so es nicht um im Internet begangene Handlungen geht, ein solches „Wahlrecht“ sonst nicht gibt. Zu dem habe der Kläger gegenüber dem Beklagten schon den Vorteil, dass er letzterem immer das Ob, Wann und Wie einer Klage aufzwingt.

Historie des Fliegenden Gerichtsstandes

Letztlich, so das AG Frankfurt stammt die den Fliegenden Gerichtsstand begründende Entscheidung des BGH aus dem Anfang der 1970er Jahre und bezog sich auf Veröffentlichungen in Printmedien. Es handle sich daher um eine

prähistorische

Entscheidung, die auf die heutigen Medien und ihre ungleich umfangreicheren Veröffentlichungsmöglichkeiten nicht mehr anwendbar ist.

Dieser Entscheidung des AG Frankfurt schloss sich ein weiterer Spruchkörper des gleichen Gerichtes an und begründete den eigenen richterlichen Hinweis vom 12.12.2011 – Az. 31 C 2528/11 – mit der soeben ausführlich zitierten Entscheidung.

Fazit

Ich begrüße diese Entscheidung ganz außerordentlich. Denn ich bin der festen Überzeugung, dass die pure Möglichkeit, dass ein zur Verfügung gestelltes Werk an jedem möglichen Ort in Deutschland ausreichend sein soll um dort einen Gerichtsstand nach § 32 ZPO zu begründen, nicht ausreichend ist.

Lassen Sie sich also bitte nicht von den vielen den Abmahnungen und Bettelbriefen beigefügten Urteilen verwirren. Es ist keinesfalls sicher, dass die Gegenseite – wenn überhaupt – an dem ihr genehmen Gericht klagen kann.