Es war nur eine Frage der Zeit
IT-Recht April 12th, 2012bis es auch auf Facebook Abmahnungen für Fotos geben würde, die an der Pinnwand gepostet werden und Urheberrechte verletzen. Das ist nichts ungewöhnliches und da ein Foto grundsätzlich, egal in welcher Qualität und welchen Inhalts, als Lichtbild nach § 2 I Nr. 5 UrhG geschützt sind, im Zweifel sogar berechtigt.
Deshalb mag es verwundern, dass die Abmahnung, über die der Kollege Arno Lampmann in seinem Blog berichtet, solche Wellen schlug. Der Grund ist aber ganz einfach. Denn nicht der Inhaber der Pinnwand, an welcher das Bild erschien, hatte das Werk dort gepostet, sondern ein Dritter. Gleichwohl erging die Abmahnung an denjenigen, zu dessen Facebookaccount die Pinnwand gehörte.
Ist das rechtens? Das ist hier die Frage und wie immer bei uns Juristen lautet die Antwort wohl:
Es kommt darauf an.
Worauf? Nun, darauf ob der Inhaber des Facebookaccounts tatsächlich für die Urheberrechtsverletzung des Dritten haftet und deshalb zum Unterlassen und zum Ersatz der Anwaltskosten nach § 97a UrhG verpflichtet ist. Eine solche Haftung ist im Urheberrecht als Täter und auch als Störer möglich.
Täterhaftung
Als Täter haftet jeder, der eine Urheberrechtsverletzung selbst ausführt oder ausführen lässt. Ein solcher Fall ist hier nicht gegeben, da der Abgemahnte, wie beschrieben, das Bild nicht selbst an seiner Pinnwand veröffentlicht hat.
Störerhaftung
In seiner Entscheidung vom 11.04.2004 – Az. I ZR 304/01 – hat der BGH eine grundlegende Definition aufgestellt, die bis heute Gültigkeit hat:
Störer ist derjenige, der ohne Täter oder Teilnehmer zu sein, in irgendeiner Weise willentlich und adäquat zur Verletzung eines geschützten Rechtsgutes beiträgt und kann daher als Störer für eine Schutzrechtsverletzung auf Unterlassung in Anspruch genommen werden.
Nach dieser Definition käme hier in der Tat eine Störerhaftung in Betracht, da der Abgemahnte durch das Bereitstellen der Pinnwand die Grundlage dafür geschaffen hat, dass der Dritte das Bild dort posten und so das Urheberrecht des Rechteinhabers verletzen konnte.
Allerdings finde ich diese Überlegung nicht wirklich überzeugend. Die Haftung im Urheberrecht ist verschuldensunabhängig. Das heißt auf Vorsatz und/oder Fahrlässigkeit kommt es hier gar nicht an und der Inhaber des Facebookaccounts hat nicht immer, oder besser gesagt selten, die Möglichkeit zu überprüfen, in wie weit hier Urheberrechte verletzt werden.
Haftungsprivilegierung
Die Frage die sich hier stellt ist daher, ob es nicht für den Inhaber einer Pinnwand bei Facebook die Möglichkeit einer Privilegierung gibt. In Betracht kommt hier die Vorschrift des § 10 TMG. Voraussetzung dafür ist, dass ein Inhaber eines Facebookaccounts aufgrund der Möglichkeit, dass auch andere an seine Pinnwand schreiben können, ein Diensteanbieter im Sinne des § 2 TMG ist. Der erste Halbsatz der Nr. 1 dieser Regelung lautet:
…ist Diensteanbieter jede natürliche oder juristische Person, die eigene oder fremde Telemedien zur Nutzung bereithält oder den Zugang zur Nutzung vermittelt
Auf Grund der Tatsache, dass auch Dritte an die Pinnwand eines Facebookaccounts schreiben können, wird hier tatsächlich durch jeden Inhaber der Zugang zur Nutzung dieses Mediums eröffnet. Aus diesem Grunde greift hier meines Erachtens der schon genannte § 10 TMG.
Die Rechtsfolge dieser Anwendbarkeit des § 10 TMG ist, dass der Diensteanbieter erst ab dem Zeitpunkt der positiven Kenntnis der Rechteverletzung haftet. Das heißt, in einem solchen Falle wäre – nach meinem Dafürhalten – nicht eine Abmahnung die richtige Vorgehensweise gewesen, sondern eine Inkenntnissetzung des Inhabers der Pinnwand. Erst wenn er daraufhin die Verletzung nicht beseitigt, das streitgegenständliche Bild also löscht, wäre eine Abmahnung opportun gewesen. Dies bedeutet also weiterhin, dass hier weder ein Unterlassungsanspruch besteht und damit auch kein Anspruch auf die Abgabe einer Unterlassungserklärung und auch kein Anspruch auf Ersatz der Rechtsanwaltskosten.
Man darf gespannt sein, ob diese Geschichte ihren Weg vor ein Gericht findet und wie dieses entscheiden wird.
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