Irgendwann ist immer das erste Mal…
Allgemein, IT-Recht, Urheberrecht Mai 31st, 2011So oder so ähnlich dachte ich, als ich neulich meine Post öffnete. Da hat doch tatsächlich eine der abmahnenden Kanzleien meinen Mandanten verklagt, der eine modifizierte Unterlassungserklärung abgegeben und an die gegnerischen Kollegen einen Betrag von 100 EUR überwiesen hatte.
Ehe ich Sie jetzt lange raten lasse: Es waren die Kollegen Sasse und Partner hier aus Hamburg.
Der Inhalt der Klage ist nicht weiter überraschend:
- Der angebliche Download erfolgte über den Anschluss des Beklagten.
- Der Klägerin ist durch den gleichzeitigen Upload ein Schaden entstanden.
- Der Beklagte soll die entstandenen Rechtsanwaltskosten tragen.
Der Schaden wurde hier pauschal mit 250 EUR festgelegt (für den Film „Ong Bak 3“) und als Streitwert, aus dem sich die Anwaltsgebühren berechnen legten die Kollegen in der Abmahnung 15.000 EUR fest.
Soweit der Inhalt der Klage. Heute war der Mandant hier um zu besprechen, wie es weitergehen soll. Um das Ergebnis des etwa einstündigen Gesprächs vorweg zu nehmen: Der Mandant hat sich entschlossen, den Anspruch der Klägerin anzuerkennen. Das muss ich nicht gut finden, ich hätte gern einen solchen Streit einmal vor Gericht ausgefochten, aber ich kann den Mandanten voll und ganz verstehen.
Für diesen Schritt hat er sich aus Kostengründen entschieden. Er fragte mich, was denn bisher an Kosten angefallen sei und was im Zweifel noch anfallen könnte.
Ich möchte das hier einmal für Sie darstellen:
Der Streitwert, der nun anhängigen Klage liegt bei 1005 EUR. Das ist das, was die Kollegen gern noch haben möchten. Bei diesem Streitwert fallen zunächst drei Gerichtsgebühren in Höhe von jeweils 55 EUR, zusammen also 165 EUR an. Eine Rechtsanwaltsgebühr beträgt in diesem Bereich 85 EUR.
Die Gerichtskosten sind bereits angefallen, bei einer Weiterführung des Prozesses kommen dann noch die Verfahrensgebühren und die Terminsgebühren für die Anwälte hinzu und sollte man sich auf einen Vergleich einigen, dann auch noch die Vergleichsgebühren.
Nun sehen wir uns also einmal an, was hier rechentechnisch alles möglich wäre.
1. Der Mandant gewinnt vollumfänglich
In diesem Falle wäre es eigentlich egal was an kosten entsteht, denn dann trägt sie die Gegenseite.
2. Es wird ein Vergleich geschlossen
Nehmen wir einmal an, die Parteien hätten vor Gericht einen Vergleich geschlossen, in dem sie sich darauf einigen, dass der Mandant der Gegenseite noch 500 EUR zahlt. Man trifft sich also auf der Hälfte. In einem solchen Falle enthält der Vergleich auch zumeist die Regelung, dass die Kosten gegeneinander aufgehoben werden. Dann tragen die Parteien jeweils zu Hälfte die Gerichtsgebühren und jeder seine eigenen Anwaltskosten Dies würde bedeuten, dass folgende Gebühren für den Mandanten entstünden:
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Zu dieser Summe kämen dann noch Gerichtsgebühren in Höhe von 82,50 EUR sowie die vereinbarten 500 EUR. Insgesamt käme der Mandant also auf eine zu zahlende Summe von 960,33 EUR.
3. Der Mandant unterliegt vollumfänglich
Wird der Mandant nach einer mündlichen Verhandlung verurteilt, die von der Klägerin beantragte Summe zu zahlen, muss er als unterliegende Partei sämtliche Kosten des Verfahrens tragen.
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Zu dieser Summe kommen dann noch die Gerichtskosten in Höhe von 165,00 EUR sowie die eingeklagte Summe. Insgesamt käme er damit auf einen Zahlbetrag von 2396,46 EUR.
Zwischen diesen Zahlen gibt es natürlich noch mögliche Zwischenstufen die dann entstehen, wenn der Mandant zu einer Zahlung verurteilt wird, die irgendwo zwischen dem eingeklagten Betrag und einer Klageabweisung liegen.
Dann stellte mir unser Mandant die Frage, was denn geschehen würde, wenn er jetzt sofort sagen würde, dass er zahlt. Möglich wäre dies durch ein Anerkenntnis der Klageforderung. Dies hätte den Vorteil, dass
- für den eigenen Anwalt keine Kosten entstehen, wenn dieser sich gegenüber dem Gericht nicht legitimiert,
- die Gerichtskosten sich von 165,00 EUR auf 55,00 EUR reduzieren,
- auf der Gegenseite auch nur ein Anteil der Anwaltskosten entstehen.
Mit den Kosten für den gegnerischen Anwalt und den reduzierten Gerichtsgebühren käme der Mandant hier auf einen Zahlbetrag von ca. 1300 EUR.
Wir haben dann überlegt, an welchen Stellen man noch „drehen“ könnte, um das Gericht davon zu überzeugen, dass die von der Klägerin geforderte Summe erheblich zu hoch ist. Allerdings war sich auch der Mandant der unsteten Rechtsprechung in Sachen urheberrechtlicher Abmahnungen bewusst. Er wollte sich daher auf die Wette, hier erheblich von der Klagesumme anweichend verurteilt zu werden, nicht einlassen und beschloss, die Forderung anzuerkennen.
Fazit
Es ist also genau so, wie ich es meinen Mandanten immer wieder sage: Es ist selten, dass die gegnerischen Kollegen klagen, aber alles andere als ausgeschlossen. Der beste Weg dem zu entgehen ist nach wie vor, gar nicht erst Filesharingsysteme für illegale Down- und Uploads zu benutzen.
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