Ja, eine Abmahnung kann auch ohne Vollmacht wirksam sein
Internetrecht, IT-Recht, Urheberrecht November 23rd, 2010Immer wieder wird mir im Zusammenhang mit urheberrechtlichen Abmahnungen bei einem ersten Kundenkontakt erzählt: „Achja, und übrigens war der Abmahnung gar keine Vollmacht beigefügt. Dann kann die ja gar nicht wirksam sein, richtig?“ Nein, das ist nicht richtig. Worauf die Frage abzielt sind Äußerungen in diversen Foren und auch Blogs, in denen hartnäckig zu lesen ist, dass auch Abmahnungen eine Vollmacht beigefügt sein muss.
Zurückzuführen ist das auf die Ansicht, dass auch auf Abmahnungen § 174 BGB anwendbar ist. Danach sind einseitige Rechtsgeschäfte, die ohne die Vorlage einer Vollmacht durchgeführt werden unwirksam, wenn die andere Partei sie unverzüglich zurückweist.
Einseitiges Geschäft
Wenn dem so sein sollte, müsste es sich bei der Abmahnung um ein einseitiges Geschäft handelt. Ein solches liegt immer dann vor, wenn für die Wirksamkeit des Geschäftes nur eine Erklärung abgegeben werden und zugehen muss. Ein Beispiel hierfür ist die Kündigung. Diese wird wirksam, wenn sie dem Adressaten zugeht. Dieser muss an der Kündigung nicht mitwirken.
Die Abmahnung
Nun stellt sich die Frage, ob einer urheberrechtliche Abmahnung deshalb eine Vollmacht beigefügt sein muss. Die meisten dieser Abmahnungen sind mit einem Vergleichsangebot verbunden. Das heißt dem Abgemahnten wird eine bestimmte Summe zur Zahlung angeboten, um die ganze Sache aus der Welt zu schaffen. An diesem Vergleich muss aber auch der Abgemahnte mitwirken. Er muss ihm zustimmen. Das heißt, dass zumindest in diesen Fällen, in denen die Abmahnung mit einem solchen Vergleichsvorschlag verbunden ist, eine Vollmacht nicht beigefügt sein muss. Dies hat inzwischen auch der BGH am 19.5.2010 – Az. I ZR 140/08 – entschieden und damit diese Diskussion beendet.
Anmerkung
Eine kleine Anmerkung zu diesem Thema noch. Eine Vollmacht kann einem Rechtsanwalt auch mündlich erteilt werden. Formvorschriften gibt es hierfür nicht. Sollte man also die Behauptung aufstellen, es gäbe keine Vollmacht, oder es sei gar keine Vollmacht erteilt worden, bedeutet dies letztlich, dass man dem Anwalt auf der Gegenseite unterstellt, er würde eine Vollmachtserteilung behaupten, wo gar keine ist. Dies wiederum stellt einen Betrugsvorwurf dar, mit dem man sehr vorsichtig umgehen sollte. Es sei denn, es gibt spezielle Gründe, eine solche Behauptung aufzustellen.
Fazit
Alleine der Umstand, dass der Abmahnung keine Vollmacht beigefügt war, heißt nicht, dass diese als unwirksam zurückgewiesen werden kann. Zumindest dann nicht, wenn die Abmahnung mit einem Vergleichsangebot verbunden ist.
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