Das dachte wohl unser Mandant, als er an einem Dienstagnachmittag, noch während der Arbeit beim Kunden einen Anruf auf seinem Handy erhielt.

Guten Tag, Herr W. Mein Name ist A. G. von der Firma Versicherungskontor in Hamburg. Ich wollte einmal nachfragen, bei welcher Krankenversicherung sie versichert sind. Dann können wir prüfen, ob wir das nicht billiger für Sie hinbekommen.

Sinn und Zweck dieses Anrufes war natürlich, meinem Mandanten eines der eigenen Produkte zu verkaufen, nämlich eine Krankenversicherung, egal ob nun privater oder gesetzlicher Natur. Anrufe bei Verbrauchern zu Werbezwecken sind aber nur unter sehr begrenzten Voraussetzungen zulässig. Insbesondere muss der Verbraucher eine ausdrückliche schriftliche Einwilligung zu solchen Anrufen gegeben haben. Das Ankreuzen eines entsprechenden Satzes, zum Beispiel bei der Teilnahme an einem Gewinnspiel ist hierfür ausdrücklich nicht ausreichend.

Die Rechtsprechung

Der Bundesgerichtshof hat dazu schon mit Urteil vom 16.03.1999, XI ZR 76/98, eine klare Sprache gefunden:

Telefonwerbung stellt eine besonders schwerwiegende Beeinträchtigung der verfassungsrechtlich geschützten Privatsphäre des Angerufenen dar. Sie ist ein grober Missbrauch des vom Inhaber im eigenen Interesses und auf eigene Kosten unterhaltenen Telefonanschlusses zu Werbezwecken, erlaubt ein praktisch unkontrollierbares Eindringen in die Lebensgewohnheiten in die Zielperson und zwingt ihr zu einem ausschließlich durch den Werbenden bestimmten Zeitpunkt in ihr häuslichen Sphäre Anpreisungen von Waren und Dienstleistungen auf.

Aus diesem Grund entschied er sich dazu, die Firma durch uns abmahnen zu lassen. Wir haben die Firma daher aufgefordert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, dass sie unseren Mandanten nicht mehr unaufgefordert anrufen und für den Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe zu zahlen. Die Kosten für diese Abmahnung, hat die abgemahnte Firma zu tragen. Wir werden sehen, wie die anrufende Firma darauf reagiert.

Die ständige Rechtsprechung der deutschen Gerichte zum Thema ist erheblich strenger als jene in unseren Nachbarländern. Trotzdem ist sie mit dem europäischen Recht vereinbar. Dies entschied mit einem Urteil vom 10. Februar 2011 – Az. I ZR 164/09 – Telefonaktion II – der BGH. Darin wurde festgestellt:

Aufgrund einer in der Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation enthaltenen Öffnungsklausel ist der deutsche Gesetzgeber aber berechtigt, Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern generell von deren vorherigem ausdrücklichen Einverständnis abhängig zu machen.

Das Risiko

Ich hatte schon in einem Artikel im Juli berichtet, das unerlaubte Werbeanrufe im B2B Bereich nur unter engen Voraussetzungen statthaft sind und einen Unterlassungsanspruch auslösen können, auch, wenn sie gerade in diesem Bereich ein nicht auszurottendes Marketinginstrument sind. Im B2C (Business to Customer) Bereich droht Unternehmern, die dies nicht beachten gleich von zwei Seiten Ungemach. Denn nicht nur der unerwünscht angerufene Verbraucher hat hier einen Unterlassungsanspruch nach §§ 1004, 823 I BGB, sondern auch Ihre Konkurrenten. Der wettbewerbsrechtliche Unterlassungsanspruch, welcher sich aus den §§ 7 II Nr. 2 und 8 I UWG ergibt, löst einen ungleich höheren Streitwert und damit auch höhere Anwaltskosten aus, als der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch des Verbrauchers. Die Kosten, die aufgrund einer solchen Abmahnung entstehen, können leicht im vierstelligen Bereich enden.

Fazit

Bitte stellen Sie sicher, dass Ihnen tatsächlich die ausdrückliche und schriftliche Einwilligung des Verbrauchers für Werbeanrufe vorliegt, ehe Sie eine telefonische Werbeaktion starten. Nur das kann Sie vor Abmahnungen und hohen Kosten schützen. Sollten Sie sich nicht sicher sein, ob die Ihnen vorliegende Einverständniserklärung so ausreichend ist, helfen wir Ihnen gern. Aber bitte fragen Sie uns vor der entsprechenden Telefonaktion!