Polizeiliche Ermittlungen mit Tesla-Wächter-Modus: Datenschutzrechtlich auf Abwegen

Wenn die Polizei nach innovativen Ermittlungsmethoden sucht, ist Kreativität gefragt. Doch manchmal wird dabei eine Grenze überschritten – die zur informationellen Selbstbestimmung. Ein aktueller Fall zeigt, wie eine Polizeidienststelle Tesla-Besitzer für Ermittlungszwecke einspannen wollte – mit datenschutzrechtlich problematischen Konsequenzen.

Der Fall: Aufruf zur Videoüberwachung durch Tesla-Fahrer

In einer Stadt kam es zu einer Serie von Autoaufbrüchen, insbesondere in Tiefgaragen. Um neue Hinweise zu erhalten, schrieb die Polizei gezielt Tesla-Fahrzeughalter an – ermittelt per Halterdatenabfrage. Im Schreiben wurden sie gebeten, den Wächter-Modus ihres Fahrzeugs über Nacht zu aktivieren und auffällige Videoaufnahmen an die Polizei weiterzuleiten.

Die Resonanz in Onlineforen war kontrovers. Die Datenschutzaufsicht prüfte den Fall – mit einem eindeutigen Ergebnis: Sowohl die Datenabfrage als auch das Hinweisschreiben waren datenschutzrechtlich unzulässig.

Warum die Maßnahme rechtswidrig war

Die Abfrage der Halterdaten stützte sich auf § 35 StVG – eine Norm, die allein nicht ausreicht. Nach dem sogenannten „Doppeltürmodell“ des Bundesverfassungsgerichts sind zwei eigenständige Rechtsgrundlagen erforderlich: eine für die Datenübermittlung (z. B. durch das Kraftfahrt-Bundesamt) und eine für den Abruf durch die Polizei.

Für die Gefahrenabwehr wäre § 36 Abs. 2 Nr. 1 d) StVG in Verbindung mit dem Polizeigesetz BW denkbar gewesen – doch es fehlte an einer konkreten Gefahr für die angeschriebenen Tesla-Besitzer. Nur ein einziger Tesla war tatsächlich betroffen. Die Maßnahme war also nicht erforderlich, nicht verhältnismäßig und damit unzulässig.

Veranlasste Videoüberwachung durch private Akteure

Das Schreiben forderte dazu auf, den Wächter-Modus zu aktivieren – ein klarer mittelbarer Grundrechtseingriff. Die Polizei machte sich damit die technischen Möglichkeiten privater Fahrzeuge für eigene Zwecke zunutze.

Ziel war nicht nur die Abschreckung, sondern gezielt die Sammlung von Videomaterial zur Strafverfolgung. Die Datenschutzaufsicht kritisiert, dass dies einer staatlich initiierten Überwachungsmaßnahme gleichkommt – ohne rechtliche Grundlage.

Der Staat darf keine Ermittlungsarbeit an Bürger „auslagern“

Die Verbindung von staatlicher Aufforderung und privater Videoaufzeichnung ist rechtlich heikel. Zwar mag die Nutzung des Wächter-Modus durch den Tesla-Besitzer freiwillig erscheinen – doch wenn dies auf staatlichen Wunsch geschieht, handelt es sich um einen Eingriff, der nur durch klare gesetzliche Grundlagen gerechtfertigt wäre.

Solche Umgehungen sind nicht zulässig. Art. 6 Abs. 1 Buchstabe f DSGVO kann nicht von Behörden in Erfüllung ihrer Aufgaben als Rechtsgrundlage herangezogen werden. Auch der Hinweis auf eine mögliche Strafprozessverwertung durch Gerichte rechtfertigt nicht die ursprüngliche Datenerhebung.

Fazit: Gute Absichten rechtfertigen keinen Rechtsbruch

Auch wenn der Wunsch der Polizei, neue Ermittlungsansätze zu finden, nachvollziehbar ist – die Einbindung von Bürgern in eine systematische Überwachungsmaßnahme ohne klare Rechtsgrundlage ist unzulässig. Datenschutzrechtliche Vorgaben sind kein Hindernis, sondern garantieren einen rechtsstaatlichen Rahmen für jedes Ermittlungsverfahren.

Sie haben Fragen zum Einsatz privater Überwachungstechnik, zum Datenschutz im öffentlichen Raum oder zur datenschutzkonformen Gestaltung von Ermittlungsmaßnahmen? Wir stehen Ihnen gern beratend zur Seite – kompetent, praxisnah und mit rechtssicherer Lösungskompetenz.

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