Privatverkauf oder Händler? Widerruf oder nicht?

Wer online ein gebrauchtes Boot verkauft, ist nicht automatisch Händler – auch wenn er über 600 Transaktionen auf der Plattform hinter sich hat. Das zeigt ein aktuelles Urteil des OLG Brandenburg vom 04.02.2025 (Az. 6 U 48/24). Es klärt, wann eine natürliche Person als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB einzuordnen ist – und wann eben nicht. Für Käufer und Verkäufer bietet das Urteil wichtige Orientierung.

Der Fall: Widerruf eines Bootskaufs über Online-Plattform

Ein Käufer hatte über eine bekannte Plattform ein gebrauchtes Sportboot mit Trailer für 7.490 Euro erworben. Kurz darauf versuchte er, vom Kaufvertrag zurückzutreten – unter anderem, weil die eingebauten Sitze älter gewesen seien als erwartet. Zudem berief er sich auf sein Widerrufsrecht als Verbraucher, da der Verkäufer seiner Meinung nach als Unternehmer gehandelt habe.

Der Fall landete vor Gericht. In erster Instanz bekam der Käufer recht – doch das Oberlandesgericht Brandenburg sah es anders.

Kernfrage: War der Verkäufer ein gewerblicher Händler?

Im Zentrum des Rechtsstreits stand die Frage, ob der Verkäufer als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB handelte. Nur dann hätte dem Käufer als Verbraucher ein Widerrufsrecht nach § 355 BGB zugestanden. Die Antwort des Gerichts: Nein – der Verkäufer war privat tätig.

Trotz über 600 Bewertungen auf der Plattform in rund 15 Jahren und regelmäßiger Verkaufsaktivität ließ sich daraus kein gewerbliches Handeln ableiten. Denn:

  • Die Verkäufe erfolgten mit durchschnittlich drei Transaktionen pro Monat – das reicht nicht für eine gewerbliche Tätigkeit.
  • Es gab keine Spezialisierung auf bestimmte Warengruppen – verkauft wurden Einzelstücke wie Schmuck, Werkzeug, Uhren, Bücher oder Autozubehör.
  • Auch das verkaufte Boot war zunächst zur eigenen Nutzung gedacht.
  • Der Verkäufer war nicht als „Powerseller“ gelistet, es gab keinen Shop oder Markenauftritt.

Entscheidend: Es fehlte an einer planmäßigen, auf Dauer angelegten entgeltlichen Tätigkeit, die auf eine unternehmerische Rolle schließen lässt.

Kein Widerruf, kein Rücktritt – Kaufvertrag gilt

Da der Verkäufer nicht als Unternehmer einzuordnen war, bestand kein Widerrufsrecht. Auch ein Rücktritt wegen Sachmängeln war ausgeschlossen: Das Boot wurde als „Bastlerobjekt“ angeboten, Gewährleistung ausgeschlossen, die Sitze nicht als neuwertig beschrieben. Und auch der fehlende Eigentumsnachweis durch einen Bootsschein reichte nicht aus, um den Rücktritt zu begründen.

Das Gericht verurteilte den Käufer zur Zahlung – und stellte klar, dass er sich im Annahmeverzug befinde. Der Verkäufer durfte also die Übergabe des Bootes einfordern.

Fazit: Auch fleißige Verkäufer sind nicht automatisch Unternehmer

Das Urteil macht deutlich: Wer privat über Jahre Dinge verkauft – auch regelmäßig und mit vielen Bewertungen –, ist nicht automatisch gewerblicher Händler. Entscheidend ist eine Gesamtschau: Gibt es eine Geschäftsausrichtung? Regelmäßigkeit? Wiederverkaufsabsicht? Eigene Darstellung als Verkäufermarke?

Wenn Sie unsicher sind, ob Sie selbst als gewerblicher Verkäufer gelten – oder ob ein Widerrufsrecht bei einem Kauf tatsächlich besteht –, beraten wir Sie gern individuell und rechtssicher.

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