Rechtswidrige Bewertungen im Netz: Wann E-Mail-Anbieter Nutzerdaten herausgeben müssen

Wer online unwahre Behauptungen aufstellt, muss mit Konsequenzen rechnen – auch dann, wenn er vermeintlich anonym bleibt. In einem aktuellen Beschluss hat das Landgericht München I vom 19. Februar 2025 (Az. 25 O 9210/24) entschieden, dass ein E-Mail-Anbieter unter bestimmten Voraussetzungen zur Herausgabe von Nutzerdaten verpflichtet ist. Der Fall betrifft eine Bewertung auf einer Arbeitgeberplattform und hat Signalwirkung für den Schutz von Unternehmenspersönlichkeitsrechten im digitalen Raum.

Der Fall: Rufschädigende Bewertungen auf einer Bewertungsplattform

Ein Unternehmen aus der Automobilbranche sah sich im Sommer 2022 mit zwei negativen Bewertungen auf einer bekannten Arbeitgeberplattform konfrontiert. Die anonym veröffentlichten Kommentare unterstellten unter anderem massive Umweltverstöße und altersdiskriminierende Kündigungen. Die Plattformbetreiberin entfernte die Inhalte nach Aufforderung, konnte aber lediglich E-Mail-Adressen der Nutzer herausgeben.

Da diese Adressen bei einem bekannten E-Mail-Dienst registriert waren, beantragte das Unternehmen die Herausgabe weiterer Bestandsdaten – konkret Name und Anschrift – beim Anbieter des E-Mail-Dienstes gemäß § 21 Abs. 3 TDDDG (ehemals TTDSG).

Das Urteil: Auskunftsanspruch auch ohne unmittelbare Verbreitung über den Dienst

Das Landgericht gab dem Antrag überwiegend statt. Es stellte klar: Auch wenn der Inhalt nicht direkt über den E-Mail-Dienst veröffentlicht wurde, besteht dennoch ein Auskunftsanspruch, sofern der Anbieter als „digitaler Dienst“ im Sinne des TDDDG einzuordnen ist.

Das Gericht betonte dabei, dass E-Mail-Dienste – auch wenn sie zugleich Telekommunikationsdienste im Sinne des TKG sind – zusätzlich als digitale Dienste gelten können. Entscheidend sei, dass die E-Mail-Adresse zur Registrierung auf der Bewertungsplattform genutzt wurde und so zur Identifikation beitragen kann.

Meinungsfreiheit vs. Persönlichkeitsrecht

Zwar sind Sternebewertungen in der Regel als Meinungsäußerungen zu werten – problematisch wird es jedoch, wenn sie mit ehrverletzenden Tatsachenbehauptungen kombiniert werden. So sah es das Gericht auch hier: Aussagen wie „Öle werden in den Abfluss gekippt“ oder „ältere Kollegen werden einfach rausgeworfen“ seien nachweislich falsche Tatsachenbehauptungen, die geeignet seien, das Unternehmen zu verächtlichen.

Das Gericht ließ die Argumentation nicht gelten, dass Bewertungen auf bloßen Meinungen basieren. Die Antragstellerin hatte durch eidesstattliche Versicherung glaubhaft gemacht, dass die Vorwürfe nicht der Wahrheit entsprechen. Damit war der Weg frei für die Verpflichtung zur Auskunft.

Kein Freifahrtschein für Plattformen oder E-Mail-Anbieter

Die Entscheidung stärkt Unternehmen, die sich gegen anonyme Rufschädigung zur Wehr setzen wollen. Gleichzeitig stellt das Gericht klar, dass es keine rechtliche Hürde darstellt, wenn die beanstandeten Inhalte nicht über den Dienst selbst, sondern über Dritte verbreitet wurden. Entscheidend ist die Beteiligung an der Kette der Datenverarbeitung.

Die Antragstellerin konnte damit erfolgreich die Herausgabe von Name und Anschrift der Nutzer verlangen – das Geburtsdatum wurde allerdings nicht als erforderlich angesehen.

Fazit

Das Urteil zeigt: Anonyme Bewertungen im Netz genießen keinen uneingeschränkten Schutz, wenn sie in den Bereich der Strafbarkeit oder rechtswidrigen Persönlichkeitsrechtsverletzung rücken. Unternehmen können sich auf § 21 TDDDG berufen – auch gegenüber E-Mail-Anbietern –, sofern konkrete Anhaltspunkte für eine rechtswidrige Äußerung vorliegen.

Wenn Sie wissen möchten, welche rechtlichen Mittel Ihnen bei rufschädigenden Online-Inhalten zur Verfügung stehen, beraten wir Sie gern persönlich und vertraulich – sowohl präventiv als auch im konkreten Fall.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert