Wie wahrscheinlich bekannt ist, vertrete ich derzeit einige Fälle vor dem Amtsgericht Hamburg, in Filesharingsachen. In diesen Fällen bestreiten die Beklagten eine Täterschaft. In einem jener Fälle gab es zum angeblichen Tatzeitpunkt volljährige Kinder im Haushalt des Beklagten. Diese sind für das Amts- und auch das Landgericht Hamburg Grund genug für die Annahme einer Störereigenschaft des Beklagten.

Am 6.6.2012 erteilte das Gericht einen richterlichen Hinweis, den ich hier kurz zitieren möchte:

In Betracht kommt indes eine Haftung als Störer. Nach ständiger Rechtsprechung des Amts – und Landgerichtes Hamburg haftet der Anschlussinhaber auch dann jedenfalls als Störer, wenn Familienangehörige und Dritte über seinen Anschluss urheberrechtlich geschützte Werke im Rahmen von Tauschbörsen Dritten öffentlich zugänglich machen im Sinne des § 19a UrhG. Hiernach obliegen dem Anschlussinhaber grundsätzlich Prüfpflichten, wenn er seinen Anschluss Dritten – auch volljährigen Dritten – zur Verfügung stellt. Vor dem Hintergrund des auch allgemein bekannten Umfangs von Filesharing kann niemand – auch nicht der Beklagte – die Augen davor verschließen, dass das Überlassen eines Internetzugangs an Dritte Die nicht unwahrscheinliche Möglichkeit mit sich bringt, dass von diesen derartige Rechtsverletzungen begangen werden. Dieses Risiko löst Prüf- und Handlungspflichten desjenigen aus, der den Internetzugang ermöglicht, um der Möglichkeit solcher Rechtsverletzungen vorzubeugen. Etwas anderes dürfte lediglich dann gelten, wenn allein der Ehegatte Zugriff auf den Rechner hatte. Das Gericht erlaubt sich in diesem Zusammenhang, aus der Entscheidung des OLG Köln zu zitieren:

„Von einer anlasslosen zumutbaren Prüf- und Kontrollpflicht der Beklagten gegenüber ihrem Ehemann ist dagegen nicht auszugehen. Wie der Senat bereits an anderer Stelle nachher ausgeführt hat, bestehen im Verhältnis einer Ehefrau als Internetanschlussinhaberin zu Ihrem Ehemann als überwiegendem Nutzer eines solchen Anschlusses keine vergleichbaren Kontrollpflichten wie im Verhältnis der Eltern zu ihren – insbesondere minderjährigen Kindern oder anderen Hausgenossen.“

Auch das OLG Köln geht also weiterhin davon aus, dass gegenüber Kindern – minderjährigen aber eben auch volljährigen – sowie „anderen Hausgenossen“ Kontrollpflichten bestehen.

Zwischenzeitlich entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 15.11.2012 – Az. I ZR 74/12 – bekanntlich, dass er nicht davon ausgeht, dass es anlasslose Kontrollpflichten von Eltern gegenüber Kindern gibt. Dieses Urteil liegt leider noch nicht mit Begründung vor, so dass ich es noch nicht verlinken kann. Dies wird aber nachgeholt, sobald eine Veröffentlichung erfolgte.

Kurz vor Weihnachten erhielten wir dann vom Amtsgericht Hamburg in unserer eigenen Sache einen neuen Hinweisbeschluss den ich Ihnen auch nicht vorenthalten möchte:

Sehr geehrte Damen und Herren Rechtsanwälte,

in obiger Angelegenheit weist das Gericht gemäß richterlicher Verfügung darauf hin, dass es, auch im Hinblick auf die Entscheidung des BGH v. 15.11.12, Az. I ZR 74/12, nicht mehr an der Auffassung gem. Verfügung vom 6.6.12 festhält, dass gegenüber volljährigen Kindern Instruktions- und Überwachungspflichten ohne hinreichenden Anlass bestehen.

Es besteht Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme binnen 2 Wochen. Danach soll eine Entscheidung ergehen.

Wie meine Stellungnahme aussehen wird weiß ich schon. Ich bin allerdings auf die Erwiderung der Gegenseite gespannt. Ich werde weiter berichten.