Simone Winkler ist Fachanwältin für IT-Recht

Simone Winkler ist Fachanwältin für IT-Recht

… muss man sich wirklich nicht wundern, dass unser Berufsstand zum Teil einen so furchtbaren Ruf hat.

Was war passiert?

Der Kollege schloss zunächst eine Gebührenvereinbarung, die inzwischen in vielen, vielen Rechtsstreiten für Ärger sorgt, insbesondere deshalb, weil die deutschen Gerichte so unterschiedlich entscheiden und die Beratung der Mandanten deshalb sehr schwer ist. Bisher hat leider auch noch keines der Berufungsgerichte eine Revision zugelassen.

Nach der Mandatierung ist der erste Schritt des Kollegen, dass er die Forderung an die Anwaltliche Verrechnungsstelle abtritt, die ihm innerhalb von 48 Stunden nach Eingang der Rechnung das Geld auf das Konto überweist. Sobald das Geld da ist, ist der Kollege für seine Mandanten nicht mehr zu sprechen, Schreiben werden nicht mehr gefertigt und die Web-Akte gelöscht. Klar, dass die Mandanten dann spätestens ungehalten werden, wenn eine Rechnung ins Haus flattert, die vier mal so hoch ist wie erwartet.

Aus diesem Grunde wehrt sich der Mandant gegen die Rechnung die ihm gestellt wurde und bestreitet den Anspruch der Anwaltlichen Verrechnungsstelle. Das Gerichtsverfahren ist anhängig. Dem Kollegen hatte er das Mandat schon im letzten Jahr entzogen.

Der Tropfen der das Fass zum Überlaufen brachte

… war dann der Brief, den der Mandant vor zwei Tagen erhielt. Darin war zu lesen:

wir haben Ihnen kürzlich eine Rechnung zu dem oben genannten Aktenzeichen für unsere Tätigkeit zugesandt. Unsere Rechnung war binnen 5 Tagen auszugleichen, was leider nicht geschehen ist.

Öhm. Nein. Der Mandant hatte keine Rechnung von dem Kollegen bekommen, die kam schon vor einem halben Jahr von der Anwaltlichen Verrechnungsstelle. Weiter war zu lesen:

Sollte erneut in den nächsten 5 Tagen keine Zahlung eingehen, wären wir gezwungen, das Mandat endgültig nieder zu legen und unsere Forderung zur Durchsetzung in das Inkasso zu geben.
Wir lassen unsere Forderung dann vom Gericht festsetzen und mit Zwangsmitteln beitreiben. Ein solches Vorgehen ist für Sie mit ganz erheblichen weiteren Kosten verbunden. Es versteht sich von selbst, dass wir in diesem Fall nicht mehr für Sie tätig sein können, ggf. müssten Sie einen weiteren Rechtsanwalt beauftragen.

Richtig. Und auch das hat der Mandant schon lange getan. Nämlich vor einem halben Jahr. Und wenn der Kollege in dieser Sache nicht erklärt, die Forderung nicht mehr geltend machen zu wollen, wird es hier eine negative Feststellungsklage geben.

Offensichtlich hat der Kollege die Übersicht verloren, welche Forderungen er an die Anwaltliche Verrechnungsstelle abgetreten hat und welche nicht. Diese hier jedenfalls hatte er abgetreten, der Mandant ist not amused.

Offensichtlich war dies aber auch die Anwaltliche Verrechnungsstelle nicht, denn in dem Schreiben des Kollegen heißt es weiter:

Wie weisen darauf hin, dass Sie Rechnungen seit dem 1.12.2012 direkt aus unserer Kanzlei erhalten und nicht mehr von der Deutschen Anwaltlichen Verrechnungsstelle AG.

Das kann ich auch sehr gut nachvollziehen, denn der Kollege schreckt auch nicht davor zurück, über an die Anwaltliche Verrechnungsstelle abgerechnete Forderungen Vergleiche abzuschließen, ohne die AnwVS darüber zu informieren. So geschehen erst vor kurzem, so dass sich die AnwVS gezwungen sah, die Klage gegen meine Mandantin zurückzunehmen und nun auf den Kosten hierfür sitzen bleibt.

Alles in allem eine eher unschöne Episode. Wenn ich mir allerdings so meine laufenden Akten ansehe, hat das ganze leider kein schnelles Ende.

Simone Winkler
Fachanwältin für IT-Recht